Scolaris Content Display Scolaris Content Display

Immuntherapie beim fortgeschrittenen Nierenzellkarzinom

This is not the most recent version

Abstract

available in

Hintergrund

Der Verlauf des fortgeschrittenen Nierenzellkarzinoms ist sehr variabel und reicht von Spontanremission bis hin zur Krankheitsprogression nach erfolgter Chemotherapie. Die Immuntherapie versprach verbessere Endpunkte, doch beruhen die Ergebnisse auf nicht kontrollierten Studien, sowie auf randomisierten kontrollierten Studien, die in der Patientenanzahl und Studienpower limitiert sind.

Ziele

Vergleich der Immuntherapie des fortgeschrittenen Nierenzellkarzinoms bezüglich: (1) Hochdosis‐Interleukin‐2 versus andere Optionen und (2) Interferon‐Alpha versus andere Optionen. Der primäre Endpunkt war das Gesamtüberleben nach einem Jahr. Die Tumorremission war der wichtigste sekundäre Endpunkt.

Literatursuche

Eine systematische Suche in CENTRAL, MEDLINE und EMBASE wurde für den Zeitraum 1966 bis Ende 2005 durchgeführt. Die Kongressbände der American Urologic Association, der American Society of Clinical Oncology, ECCO ‐ the European Cancer Conference, und der European Society of Medical Oncology wurden per Hand für den Zeitraum 1995 bis 2005 durchsucht.

Auswahlkriterien

Eingeschlossen wurden randomisierte kontrollierte Studien, die Patienten mit fortgeschrittenem Nierenzellkarzinom auswählten (oder nach diesen stratifizierten), solche, die ein immuntherapeutisches Mittel in wenigstens einem Studienarm eingeschlossen hatten, und Studien, die über Tumorremission oder Überleben nach Gruppenzuteilung berichteten. Achtundfünfzig Studien mit insgesamt 6880 Patienten erfüllten die Einschlusskriterien und alle bis auf eine berichteten über Remission. Siebenunddreißig von diesen Studien berichteten den Endpunkt Überleben nach einem Jahr.

Datenerhebung und ‐analyse

Zwei Review‐Autoren evaluierten jeden Artikel anhand eines prospektiv erstellten Protokolls Als wichtigste Vergleiche wurden dichotome Endpunkte für Remission (partielle und vollständige) und Tod nach einem Jahr verwendet. Hazardratios für das Überleben wurden auch für den Vergleich von Interferon‐alpha versus Kontrollgruppe verwendet.

Wesentliche Ergebnisse

Die kombinierten Daten für eine Vielzahl von Immuntherapien zeigten eine Gesamtwahrscheinlichkeit von teilweiser oder vollständiger Remission von 12,4% im Vergleich zu 2,4% im Nicht‐Immuntherapie‐Kontrollarm. Achtundzwanzig Prozent der Remissionen wurden als vollständig angesehen (Daten aus 51 Studien). Die mittlere Überlebenszeit betrug durchschnittlich 13 Monate (Median; Bereich nach Arm 6 bis 28 Monate). Der Unterschied in der Remissionsrate zwischen den Studienarmen korrelierte kaum mit dem Unterschied in der medianen Überlebenszeit, sodass die Remissionsrate kein guter Surrogat‐ oder intermediärer Endpunkt für das Überleben bei fortgeschrittenem Nierenzellkarzinom darstellt. Wir konnten keine veröffentlichte randomisierte Studie finden, die den Vergleich Hochdosis‐Interleukin‐2 versus einer Nicht‐Immuntherapie‐Kontrollgruppe oder Hochdosis‐Interleukin‐2 versus Interferon‐alpha untersuchten und das Überleben berichteten. Hochdosis‐Interleukin‐2 verbesserte nicht das Gesamtüberleben im Vergleich zur gleichen Therapie mit nur einem Zehntel der Dosis oder zur subkutanen Zytokin‐Therapie. Basierend auf den Ergebnissen von Subgruppenanalysen könnte sie aber das Überleben der Patienten verbessern, die eine schlechte Prognose haben. Die Ergebnisse von vier Studien (644 Patienten) legen nahe, dass Interferon‐alpha besser ist als die Kontrolltherapie (Odds Ratio für Tod nach einem Jahr 0,56, 95% Konfidenzintervall von 0,40 bis 0,77). Nach Verwendung des Verfahrens nach Parmar 1998*war die gepoolte Hazardratio für Tod 0,74 (95% Konfidenzintervall von 0,63 bis 0,88). Andererseits konnte laut einer aktuellen Studie, welche derzeit nur als Meeting‐Abstract vorliegt, kein Vorteil für Interferon‐alpha bei Patienten mit fortgeschrittenem Nierenzellkarzinom mit intermediärer Prognose gefunden werden. Die optimale Dosis und Dauer von Interferon‐alpha muss noch festgestellt werden. Die Zugabe einer Vielzahl von Wirkungsverstärkern, einschließlich niedriger Dosen von intravenösem oder subkutanem Interleukin‐2, konnte die Überlebensrate im Vergleich zu Interferon‐alpha allein nicht verbessern. Zwei randomisierte Studien haben die Rolle von Nephrektomie vor der Interferon‐alpha‐Therapie in sehr ausgewählten Patientenpopulation mit Metastasen zur Zeit der Diagnose und mit minimalen Symptomen untersucht. Trotz minimaler Verbesserung der Remissionswahrscheinlichkeit haben beide Studien mit vorausgegangener Nephrektomie ein verbessertes medianes Überleben gegenüber Interferon‐alpha allein in dieser ausgewählten Population gezeigt.

Schlussfolgerungen der Autoren

Interferon‐alpha bietet im Vergleich zu anderen gängigen Anwendungen einen geringfügigeren Überlebensvorteil. Bei sonst gesunden Patienten mit Metastasen und mit minimalen Symptomen zum Zeitpunkt der Diagnose bietet die Nephrektomie gefolgt von Interferon‐Alpha die beste Überlebensstrategie. Die Notwendigkeit für eine wirksamere und spezifischere Therapie dieser Erkrankung ist offensichtlich.

PICOs

Population
Intervention
Comparison
Outcome

The PICO model is widely used and taught in evidence-based health care as a strategy for formulating questions and search strategies and for characterizing clinical studies or meta-analyses. PICO stands for four different potential components of a clinical question: Patient, Population or Problem; Intervention; Comparison; Outcome.

See more on using PICO in the Cochrane Handbook.

Plain language summary

available in

Immuntherapie beim fortgeschrittenen Nierenzellkarzinom

Krebs mit Ursprung in der Niere bei Erwachsenen, als Nierenzellkarzinom bekannt, ist ein wichtiges Gesundheitsproblem (Wilms'‐Tumor in der Kindheit ist eine andere Erkrankung, die nicht in diesem Review behandelt wird). Die Erkrankung ist selten heilbar, wenn sie sich zum Zeitpunkt der Diagnose auf andere Organe ausgebreitet hat oder wenn eine Ausbreitung nach der ersten Entfernung der befallenen Niere auftritt, oder der Nierentumor zu umfangreich für eine Operation ist. Nierenkrebs ist gegenüber einer herkömmlichen Chemotherapie resistent. Die Beobachtung, dass diese Tumore gelegentlich ohne Therapie schrumpfen können, insbesondere wenn sie auf die Lunge ausbreiten, legt nahe, dass Medikamente, die durch das Immunsystem des Patienten wirken, ein nützlicher Ansatz sein könnten. Da der Verlauf von Nierenkrebs zwischen Patienten sehr variabel ist, wurden Studien nur einbezogen, wenn Patienten zustimmten in die Immuntherapie von Interesse oder eine Kontrolltherapie randomisiert zu werden. Jede Art der Immuntherapie wurde für die Aufnahme in dieser Umfrage akzeptiert.

Eine systematische Suche von Berichten, die zwischen 1966 und 2005 veröffentlicht wurde identifizierte 58 verschiedene Studien der Immuntherapie mit 6880 Patienten mit fortgeschrittenem Nierenzellkarzinom. Siebenunddreißig Studien berichteten den wichtigsten Endpunkt von Interesse, die Überlebenschance für ein Jahr für jede getestete Behandlung. Eine Studie lieferte nützliche Informationen über die Wirkung von Placebo, mit 6% der Patienten, die eine partielle Remission hatten und 25%, die einen stabilen Krankheitsstatus für mehr als sechs Monate hatten. Andere Studien verwendeten Hormontabletten, wahrscheinlich inaktiv Mittel als Kontrolltherapie. Von den vielen Arten von Immuntherapie, die getestet wurden, wurde nur für Interferon‐alpha eine Verbesserung der Wahrscheinlichkeit des Überlebens für ein Jahr gezeigt. Interferon‐alpha wird normalerweise von weißen Blutzellen als Reaktion auf virale Infektionen hergestellt. Ursprünglich in kleinen, unreinen Menge aus menschlichem Blut erhalten, kann Interferon‐alpha nun als reines Produkt hergestellt werden und wird durch Injektion unter die Haut, in der Regel drei Mal pro Woche verabreicht. Vier Studien testeten Interferon‐alpha bei 644 Patienten mit fortgeschrittenem Nierenkrebs und, verglichen mit einer Kontrolltherapie, reduzierte dieses Mittel das Risiko des Todes innerhalb eines Jahres um 46% und die Gefahr des Todes innerhalb von zwei Jahren um 36%. Die Behandlung hat eine geringe Chance Krebserkrankungen mit partieller Remission zu verkleinenrn, was bei nur 12,5% der Patienten beobachtet wurde. Diese Studien schlossen eine repräsentative Stichprobe von Patienten ein, die ambulant und ohne Ausbreitung des Krebses im Gehirns waren. Interferon‐alpha‐Therapie ist sehr sicher, kann aber aber ein unangenehmes grippeähnliches Syndrom mit Müdigkeit und Appetitlosigkeit mit unterschiedlichen Schweregraden verursachen, das sich tendentiell verbessert, wenn die Behandlung fortgeführt wird.

Versuche, den Nutzen von Interferon‐alpha, durch Kombination mit anderen Medikamenten zu verbessern, waren nicht erfolgreich. Eine mögliche Ausnahme ist die Zugabe von cis‐Retinsäure, die mit Vitamin A verwandt ist. Dieser Ansatz führte zu schlechterer Lebensqualität als Interferon‐alpha allein. Bei Patienten, deren Nierenkrebs zum Zeitpunkt der Diagnose offensichtlich gestreut hat, hat jedoch das Entfernen der Nieren, vor Verabreichung von Interferon‐alpha die durchschnittliche Überlebensdauer um sechs Monate verlängert (zwei Studien, kombinierten Daten). Dies ist die eindrucksvollste Wirkung einer Behandlung bei fortgeschrittenem Nierenkrebs, die bisher gezeigt wurde, einschließlich der neuen gezielten Wirkstoffe (siehe separater Review). Es wurde vorgeschlagen, dass die Entfernung des primären Nierentumors durch Entsperren des Immunsystems des Patienten funktioniert, aber es ist nicht bekannt, ob dieses Verfahren als immuntherapeutischer Ansatz gezählt werden kann.

Ein Ziel dieses Reviews war es, den Nutzen von hochdosiertem Interleukin‐2, eine teure und toxische Behandlung, die die einzige zugelassene Therapie bei fortgeschrittenem Nierenkrebs in den Vereinigten Staaten zum Zeitpunkt der letzten Aktualisierung im Jahr 2006 zu beurteilen. Es wurden keine Studien zu hochdosis Interleukin‐2 im Vergleich zu einer nicht‐Immuntherapie Intervention identifiziert. Hochdosis Interleukin‐2 bietet ähnliche Überlebensraten wie niedrig dosiertes Interleukin‐2 plus Interferon‐alpha, eine Kombination die eine größere Toxizität als Interferon‐alpha allein hat.

Die wesentlichen Einschränkung der in diesem Review untersuchten Studien war ihre geringe Größe und deswegen eingeschränkte Aussagekraft, Unterschiede in der Wirkung zwischen getesteten Behandlungen nachzuweisen. Zum Beispiel testeten drei Studien verschiedene Dosierungen von Interferon‐Alfa, waren aber zu klein, um nützliche Informationen zu liefern, weshalb die optimale Dosis dieses Mittels nicht bekannt ist.